Architektur in Stadt und Landkreis Rosenheim - Ausstellung

  • Kategorie Sonstiges
  • Organiesiert über RosenheimKreis e.V Architektur im Gespräch
  • Gestaltungskonzept Stefan Guggenbichler / Bernhard Schellmoser
  • Stefan Guggenbichler mail@s-g.art / Instagram - https://s-g.art/

Bedeutung von Architektur, Bedeutung von gutem Bauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Freunde des RosenheimKreises,.

Viele von Ihnen werden sich fragen, warum wir Stunden, Wochen, ja gar Monate ehrenamtlich in die Erarbeitung eines Architekturführers oder in die Zusammenstellung dieser heute zu eröffnenden Ausstellung stecken. Die Antwort ist einfach. Wir bedauern, dass 95 Prozent alles Gebauten ziemlicher Mist ist und müssen eben aus dieser Kritik heraus bessere Lösungen anbieten. Dies funktioniert nicht ohne persönliches Engagement, denn, nur in theoretischer Kritik zu verharren, macht unglaubwürdig.

Die im RosenheimKreis zusammengeschlossenen Architekten, Innen- und Landschaftsarchitekten, Künstler und Kunstinteressierte, haben sich das zum Ziel gemacht.

Denn wir wissen für uns, dass gute Architektur für unser Zusammenleben, für unsere demokratischen Gesellschaften eine große Bedeutung haben, denn dem Gebauten kann man nicht entkommen. Es prägt für 50 oder sogar 100 Jahre und mehr die Umwelt von uns Allen.

Aus diesem Grund ist es nicht anmaßend fest zu stellen: Architektur ist von allen Künsten die wirkmächtigste. Ein Bild kann man abhängen, das Musikstück ist flüchtig, ein Buch muss nicht gelesen werden – doch Architektur betrifft und beeinflusst uns zwangsweise. Mit allem Gebauten sind wir Jahrzehnte konfrontiert.

Ob es das komplexe Gebilde unserer Dörfer und Städte ist, die uns umgebende Landschaft mit Parks, Wegen und Straßen, die Bereiche von Wirtschaft, Bildung und Arbeit, oder die Bereiche von Kultur und alle Räume des privaten Wohnens, dies Alles findet in vom Menschen gestalteten Umgebungen statt und prägt uns Menschen wesentlich.

Der norwegische Architekt Christian Norberg-Schulz hat dies in zwei bemerkenswerten Büchern mit den Titeln: „Vom Sinn des Bauens“ und dem

„Genius Loci“ also: „Der an einem Ort herrschende Geist“ dargestellt.

Zwei persönliche Beispiele aus der eigenen Arbeitsumwelt sollen dies veranschaulichen: Als in Rosenheim 1981 die neue Hauptschule Mitte von den Schülern bezogen wurde, berichteten uns die Lehrer kurze Zeit darauf erstaunt, dass sie Ihre alten Zöglinge nicht wieder erkennen. Hatten sie noch im alten Schulgebäude an der Stollstraße Waschtische abmontiert und WC Becken mit Klopapier verstopft, Wände beschmiert und Einrichtungen demoliert, waren sie im neuen Schulgebäude wie ausgetauscht. Als seien es die privaten Wohnräume gingen die gleichen Schüler mit ihrer neuen Schule nach dem Umzug äußerst behutsam und vorsichtig um. Zerstört wurde nichts mehr, die Schüler waren stolz auf Ihre neue Schule.

Ein zweites Beispiel führt nach Österreich. Bei einer Architekturreise des Rosenheimer Forums vor 10 Jahren besuchten wir auch die neue Wohnsiedlung „Wienerbergergründe“ die von den Architekten Ralph Erskine und Hubert Riess

geplant wurden. Zu Hause bei der Reisevorbereitung noch heftig umstritten, ob wir uns diese chaotische Wohnsiedlung denn überhaupt anschauen sollten, denn die Bilder der Fachpresse zeigten siebengeschossige Wohntürme neben kleinen zweigeschossigen, zudem Alles in unharmonischer Detaildurchbildung und wüstem Farbgemenge an den Fassaden, wurden wir vor Ort eines besseren belehrt.

Vor Ort waren wir begeistert und mussten feststellen, dass auch wir uns kräftig täuschen können.

Eine traumhafte Wohnsiedlung mit 476 Wohnungen auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei in einem sanften Tal Einschnitt östlich von Graz gelegen.

Die Siedlung umgreift einen innen liegenden Park mit Wasser- und Spielflächen, Aufenthaltsbereiche für Alte und Junge, ist frei von PKW Verkehr. Die Parkplätze sind störungsfrei in Parkdecks an der Erschließungsstraße angeordnet.

Die bei uns schon fast in Vergessenheit geratene Grundregel eines guten Städtebaus von der Zonierung in öffentliche, halböffentliche und private Bereiche ist hier meisterhaft umgesetzt. Und gerade das anfangs nicht verstandene Chaos von Baukörperhöhenentwicklung, einfachen Details und Farbe bringt die Urbanität an diesen Ort.

Von einem freundlichen Bewohner zu einem Kaffee in seine Wohnung im 5.Stock eingeladen befragten wir ihn nach seinem Wohlbefinden in der Wohnanlage. Es waren gerade Schulferien, er hatte Urlaub, den verbringe er hier zu Hause, mit Blick auf den Park, die Stadt und die umliegenden Berge. Kein Hotel, wo auch immer, könnte besser sein, sagte er.

Wenn Architektur das erreicht, hätten wir viel gewonnen. Die Menschen müssten nicht jedes Wochenende ihren Wohnungen entfliehen, denn Heimat hätte ich dann wieder zu Hause.

Zu den beiden Beispielen passt auch die Überlegung,

wo uns unsere Urlaubsreisen hinführen? Wir wählen urbane Dörfer und Städte, intakte Landschaften und werden kaum in Aising Ost unseren nächsten Wunschurlaub verbringen wollen. Doch als ideenlose Wohnsiedlungen sind uns diese neu gebauten Siedlungen gut genug. Daran sollten wir arbeiten, das sollten wir ändern.

Wir brauchen Mut zu Neuem, und sollten von guten Beispielen anderer Regionen

lernen. Wir wollen informieren. Uns ist bewusst, dass wir – noch- in einer der schönsten Regionen dieser Welt leben, unsere Dörfer und Städte, unsere Landschaften mit Bergen und Seen sind noch weitgehend intakt.

„Jede Veränderung bedingt eine Zerstörung, zerstöre mit Verstand.“ Mit diesen Worten fordert der Tessiner Architekt Luigi Snozzi seine Studenten dazu auf, behutsam mit der gebauten Umwelt umzugehen.

Wir sollten das berücksichtigen und hoffen mit unserem Buch und der Ausstellung zu sensibilisieren und die Diskussion anzuregen.

Vielen Dank fürs Zuhören: Bernhard Schellmoser


Gestaltungskonzept: Stefan Guggenbichler / Bernhard Schellmoser

Stefan Guggenbichler: mail@s-g.art / Instagram - https://s-g.art/